Wir, die Schülerinnen und Schüler und Lehrerinnen und Lehrer der Gesamtschule Eilpe hatten am 15.06.2016 die Ehre, den Autor des Buches „Ich war Hitlerjunge Salomon” und gleichzeitig einen der letzten Zeitzeugen der NS-Zeit, Sally Perel, bei uns zu empfangen.
Der 91-jährige israelische Autor deutscher Herkunft schaffte es, trotz seiner jüdischen Identität, den Nationalsozialismus zu überleben. Wie er es schaffte und was er alles erlebt hat, erzählte er uns ausführlich bei seinem Besuch. Am Schluss hat er uns auch über sein aktuelles Leben informiert und uns seine Gedanken zu weltpolitischen Themen geschildert.
Sally Perel begann seine Rede mit der Aussage, dass die Zeitzeugen, die besten Geschichtslehrer seien. Schrecklich findet er es, dass es heute noch Jugendliche gibt, die die NS-Zeit als Lüge empfinden und die deutsche Geschichte verleugnen. Diese Menschen sind seiner Meinung nach „Dummköpfe”. Die Geschichte vom Ausschwitz, die er als „Tragödie” bezeichnet, könne und dürfe niemals vergessen werden.
Er selber schaffte es nur zu überleben, indem er sich unter die Nationalsozialisten mischte: Er versteckte seinen jüdischen Pass und entkam wie durch ein Wunder allen weiteren Kontrollen. Perel war insgesamt vier Jahre als Hitlerjunge bei den Nationalsozialisten, die er aber nicht als vier Jahre sieht, sondern als vier Ewigkeiten. Trotz der schrecklichen Momente und teilweise hoffnungslosen Zeiten, kam Selbstmord für ihn nie in Frage. Er hatte einen sehr starken Willen und wollte nicht aufgeben. Er stellte sich oft die Frage, wo im Dritten Reich, der christliche Glaube verblieben sei. Diese Frage beantwortet er heute mit der Aussage, dass Deutschland in der Nächstenliebe versagt habe.
Sally Perel, als Jude, durfte keinen Verdacht erwecken, sonst wäre er mit großer Sicherheit, wie die anderen fast sechs Millionen Juden, ermordet worden. Diese ständige Angst konnte er nur ertragen, indem er Schutzmechanismen entwickelte. Er selber merkte, dass je länger er mit den Hitlerjungen zusammen war, eine zweite Seele in ihm entstand. „Ich wurde zu einem Hitlerjungen”, so sind seine Worte bezogen auf diese Veränderung.
Ihm und allen anderen Kindern und Jugendlichen wurden in der NS-Zeit die Gehirne „vergiftet” und dadurch konnten sich Hass und Hetze gegen die Juden entwickeln. Er habe die ganzen Sachen und Gedanken, die ihm gesagt wurden, nie vergessen und könne es auch bis heute nicht. Er hat ein Doppelleben als Jude und Nazi geführt, das ihn nachts zum Weinen brachte und morgens die Fahne hissen ließ.
Noch heute bekommt er oft die Frage gestellt, ob er sich nicht als Verräter an seinem Volk vorkomme, aber für ihn war es ja die einzige Möglichkeit zu überleben. Er sei nicht freiwillig zu den Nazis übergewechselt. Außerdem habe er nie auf jemanden geschossen oder gemordet.
Nach den ganzen Informationen über seinen Aufenthalt bei den Nationalsozialisten, erzählte er uns etwas über seine Kindheit und über sein jetziges Leben.
Während seiner Kindheit, sah man den Schulleiter quasi als Gott an. Alles wurde getan, was er sagte. Sally Perels traumatischstes Ereignis in seinem ganzen Leben war, als ihm von einem Tag auf den anderen verboten wurde, weiter in die Schule zu gehen, weil er Jude war. Warum man ein Leben eines Kindes, beziehungsweise eines Menschen, nur wegen seines Glaubens zerstören wollte, ist ihm bis heute noch ein Rätsel.
Die letzten Worte, bevor er sich von seiner Mutter und seinem Vater verabschiedete und das Land verließ um zu überleben, habe er heute noch eins zu eins im Kopf.
„Vergiss nicht, wer du bist, du bist ein Jude!”, so waren die Worte seines Vaters.
„Sally mein Sohn, geh! Du sollst leben!” waren im Gegenzug die Worte seiner Mutter.
Kurz bevor er der NS beigetreten ist, hatte er die Wahl, entweder auf den Vater zu hören, d. h. vor den NS-Leuten zuzugeben, dass er Jude sei und getötet zu werden, oder auf die Worte der Mutter zu hören, alles zu tun, um zu überleben. Er entschied sich für die Worte seiner Mutter und somit überlebte er auch. Deshalb bezeichnet er seine Mutter als seine „Retterin”.
Heute sieht er Deutschland als sein Mutterland, aufgrund seiner glücklichen Kinderjahre hier. Jedoch fühlt er sich heute noch nicht richtig willkommen in Deutschland, auch wenn ihn viele Menschen liebten. Er lebe in Israel und wolle dort bleiben.
Er merke an den Facebook-Freundschaftsanfragen, dass die heutigen deutschen Jugendlichen ihn auch lieben würden.
Auf die Frage, wie er die ganzen Handlungen und Taten, die er damals selbst miterlebt habt, heute sieht, antwortete er, dass das Lügen unmoralisch sei und man dies nicht tun sollte, jedoch dass es zu dem Zeitpunkt notwendig war, um zu überleben. Die heutigen Kriege, beziehungsweise Morde und Diskriminierungen könne man durch kritisches Denken und einer eigenen Meinung verhindern.
Die Menschen, die er im Ghetto sah, könne er in seinem ganzen Leben nie wieder vergessen.
Außerdem mahnte er, dass ein Besuch in Ausschwitz eine menschliche Pflicht sei, um genauer die schrecklichen Taten zu verstehen. Alle Zuhörer seien nun auch zu Zeitzeugen geworden, was mit der Aufgabe verbunden sei, die ganzen Wahrheiten weiter zuerzählen und alles dafür zu tun, damit ein möglicher zweiter Holocaust verhindert wird. Seine Absicht sei es nicht, allen ein schlechtes Gewissen zu suggerieren, sondern es ginge ihm um die Wahrheit und um Versöhnung.
Falls ein Schüler, eine Schülerin beim Vortrag sei, der/die von rechtsradikalen Gedanken beeinflusst sei, hoffte er, dass er sie/ihn von der Wahrheit überzeugen konnte. Abschließend führte ein Zitat aus der Thora an: „Hast du eine Seele gerettet, hast du die ganze Menschheit gerettet!”
Die Nachfrage war groß, auch Kim von der SV lässt sich gerne ein Autogramm vom Autoren Sally Perel in ihr Buch „Hitlerjunge Salomon“ schreiben
Alper Yilmaz, Jg. 12